Der Begriff „Familienstellen“ als internationaler Terminus technicus

Mit seiner Familienaufstellung hatte Bert Hellinger ein vollkommen neues Gebiet innerhalb der Psychotherapie im ausgehenden 20. und jetzigen 21. Jahrhundert geschaffen, das er mit seiner Frau Sophie Hellinger zum Original Hellinger Familienstellen weiterentwickelte. Dabei handelte es sich nicht um eine Psychotherapie-Methode, sondern um eine Lebenshilfe, die jedem den Weg zu einem erfüllten und glücklichen Leben öffnen kann. Nach dem Original Hellinger Familienstellen besteht weltweit eine dermaßen große Nachfrage, dass die Hellinger®schule in der Anwendung der Hellinger® Sciencia dieser gerade noch nachkommen kann. Dennoch gibt es insbesondere aus dem nichtdeutschen Sprachraum Personen, die behaupten, die Familienaufstellung sei nicht von Bert Hellinger entwickelt worden. Was ist der Hintergrund für diese falsche Behauptung?

Diese Behauptung beruht auf der falschen Übersetzung des Begriffs „Familienaufstellung“ durch den international gebräuchlichen Begriff „Family Constellation/Familienkonstellation“. Sigmund Freud selbst, besonders aber Carl Gustav Jung und Alfred Adler betonten die Wichtigkeit der Familie für das Individuum: Das Denken, Handeln und Fühlen jedes einzelnen Familienmitglieds wirkt auf das der anderen. Dafür etablierte sich der Begriff „Familienkonstellation“. Dieser Begriff wurde also bereits seit den 1920er Jahren im Deutschen unspezifisch dafür benutzt, psychologische Wirkungen und Verhaltenswirkungen von Familienmitgliedern untereinander zu benennen.

Im Jahr 1965 schließlich veröffentlichte der österreichische Psychologe Walter Toman sein Buch „Familienkonstellationen. Ihr Einfluss auf den Menschen“. Dieser Begriff war also schon lange vor Bert Hellingers Arbeit fest etabliert – auch international. Er kann also nicht als Übersetzung für Berts Familienstellen verwendet werden und hat also mit dem späteren Familienstellen von Bert Hellinger nichts. Denn damals existierte das Familienstellen, so wie wir es kennen, überhaupt noch nicht.

Selbstverständlich ist die Familienaufstellung nicht plötzlich vom Himmel gefallen, sondern baut – wie alles Neue – auf Vorhergehendem auf. Da es den Psychotherapeuten zu langweilig wurde und es ihnen nicht ausreichend erfolgreich schien, wenn ihre Patienten auf der Couch lagen, begannen sie, verschiedene neue Ansätze auszuprobieren. Deshalb gab es schon Jahrzehnte vor Bert Hellingers Innovation das Konzept des Stellvertreters in einigen anderen „Schulen“. Das gilt beispielsweise für das von Jakob Moreno begründete Psychodrama oder für die Familienskulptur von Virginia Satir. Bei der Familienskulptur gibt der Therapeut dem Klienten eine bestimmte Körperhaltung oder Blickrichtung vor, in der bzw. mit der er eine neue Erfahrung machen soll. Beim Psychodrama geben Therapeut und Klient bestimmte Vorgaben für die Stellvertreter – ähnlich einer Rollenbeschreibung im Theater. Diese werden dann bis zu einer eventuellen Lösung durchgespielt. Das kann Stunden dauern. Dabei handelte es sich natürlich nicht um die jetzt bekannte Familienaufstellung nach Hellinger, sondern um eine Familientherapie.

Im Gegensatz dazu gab Bert Hellinger weder etwas vor noch hält er die Stellvertreter zu etwas an, sondern: Beim Original Hellinger Familienstellen hält sich der Aufstellungsleiter völlig zurück. Er bleibt ein sehr aufmerksamer Beobachter. Seine Vorgehensweise ist absolut phänomenologisch. Er fühlt sich auf eine besondere Weise mit dem, was vor ihm vorgeht, zurückhaltend verbunden.

Der entscheidende Unterschied zwischen dem Original Hellinger Familienstellen und allen anderen Methode, die den Begriff Familienkonstellation führen, ist folgender: Zwar konnte man eine Gefühlsveränderung bei den Stellvertretern beobachten, doch wusste man nicht, welche unsichtbare Gesetze diese Dynamiken bestimmten. Eine Lösung der seelischen Probleme war so unmöglich. Man sah nur eine Wirkung, kannte aber nicht die Ursache.

Bert Hellingers Ansatz war dagegen etwas völlig Neues und Eigenes, da er durch seine Einsichten die dieser Dynamik zugrundeliegenden Lebensbasisprinzipien entdeckt hatte. Sie gehorchen und unterliegen ganz bestimmten Ordnungen, die Bert Hellinger als die „Ordnungen der Liebe“ zusammengefasst hat. Sie sind weder austauschbar noch willkürlich zu interpretieren. Niemand kann sich diesen Ordnungen entziehen. Sie richten sich auch nicht nach unserem Denken, Wünschen und Wollen. Es zeigt sich, so scheint es zu sein, als seien uns diese Ordnungen wie eherne Gesetze vorgegeben. Schon allein aus diesem Grund ist es für jeden Menschen erfolgsfördernd und sinnvoll, die Ordnungen der Liebe zu kennen, um nicht dagegen zu verstoßen.

Durch das Erkennen der Ordnungen der Liebe und der Wirkung des Gruppengewissens ist es Bert Hellinger gelungen, belastende und krankmachende Dynamiken in Familien mit Hilfe seiner Aufstellungen aufzudecken und aufzulösen. Das ist seine bahnbrechende, alles zuvor Gewesene, Gesehene und Gedachte weit überschreitende Leistung. Denn diese Gesetze waren bis dato nicht bekannt. Bert Hellinger erfasste die Verbindung der einzelnen Gesetze untereinander und schuf daraus das heutige Familienstellen nach Hellinger. Es dient dem Menschen, hilft und führt ihn weiter.

Die Aufstellungen erzeugen bei allen Anwesenden, ob Beobachter oder Stellvertreter, ein Energiefeld, das sich geistig, emotional und physisch bemerkbar macht. Auf all diesen Ebenen wirkt die Aufstellung weiter und führt zu Lösungen. Das bedeutet: Original Hellinger® Familienaufstellungen sind raum- und zeitlos. Alles, was einmal war, kommt ans Licht.

Sich voll und ganz darauf einzulassen, ist nicht einfach und fordert oft das Letzte, mit dem Ergebnis, endlich der Mensch zu sein, der man ist und nicht weiter ein Spielball der Verstrickungen aus vorangegangenen Zeiten. Sei es auf Grund der Familiengeschichte oder seien es Konsequenzen aus dem eigenen Vorleben. Das Original Hellinger® Familienstellen deckt es auf überraschende Weise auf. Es geht dabei weder um Bewertungen oder Verurteilungen, sondern um Lösungen, damit das ganze System zur Ruhe kommt. In diesem Sinne ist das Original Hellinger® Familienstellen auch eine weltweite Friedensarbeit.

Um Missverständnisse, die durch die Übersetzung des Begriffs „Familienstellen“ entstehen und Verwechselung mit früheren Psychotherapie-Methoden zu vermeiden, hat sich Sophie Hellinger im Jahr 2020 entschlossen, das Wort „Familienstellen“ unübersetzt in allen Sprachen als Terminus technicus für das Original Hellinger Familienstellen einzuführen und beizubehalten -  analog zu Fritz Pearls „Gestalttherapie“.